Der Einfluss der Rebsorte auf den Weinstil

Im letzten Beitrag habe ich Ihnen in der Übersicht aufgezeigt, wie sich Terroir und Kellerwirtschaft auf den Weinstil auswirken. Heute sprechen wir über den sicherlich wichtigsten Einflussfaktor aus dieser langen Liste: Die Rebsorte.

Neben der Farbe verleiht Sie dem Wein nämlich seine Primäraromatik und die Balance. Wie genau, das schauen wir uns hier im Detail an. Doch bevor ich zum Einfluss komme, möchte ich definieren, was eigentlich ein «Weinstil» ist.

Was genau ist Weinstil?

Das kann ich Ihnen am Beispiel von Chablis zeigen: «Chablis ist ein hellfarbiger, relativ neutraler Weisswein mit schlankem Körper, hoher Säure und guter Lagerfähigkeit.»

Aus dieser Beschreibung sehen wir, dass ein Weinstil nichts anderes als die Kurzform einer Weinbeschreibung ist. Am besten gehen wir dabei also systematisch vor und machen eine Aussage über

  • Auge
  • Nase
  • Gaumen
  • Qualität und Potenzial

Wie beeinflusst jetzt die Rebsorte diese vier Punkte?

1. Auge

Die Rebsorte bestimmt weitgehend die Farbe des Weins:

  • Rot- und Roséweine können (logischerweise) nur aus blauen Trauben bereitet werden.
  • Weissweine hingegen aus allen Trauben. Auch aus blauen. Wir kommen bei der Weinbereitung noch dazu.
  • Rosafarbene Sorten → geben dem Wein oft einen Kupfergold-Ton (Gewüztraminer, Pinot Gris)
  • Dicke Beerenhaut → gibt mehr Farbtiefe (z.B. Syrah, Malbec oder Cabernet Sauvignon)
  • Dünne Beerenschale → gibt hellfarbige Weine (z.B. Pinot Noir, Garnacha oder Nebbiolo)

Wir werden noch sehen, dass der Winzer mit der Gärung und dem Ausbau ebenfalls auf die Farbe Einfluss nehmen kann. Mehr dazu im kommenden Beitrag über die Weinbereitung.

2. Nase

Viele Rebsorten erkennen wir an einem oder mehreren Leitaromen. Gute Vertreter zeigen diese(s) dann in der Nase deutlich. Diese Sorten gehören meist auch zu den aromatischen Sorten. Nachstehend eine Liste der wichtigsten weissen und roten Aromasorten:

aromatische weisse Sorten

  • Gewüztraminer → Litschi, Rosenblüten
  • Muscat → Trauben, Muskat
  • Riesling → je nach Reife von grünem Apfel bis Ananas
  • Riesling-Sylvaner → Trauben, Blüten
  • Sauvignon Blanc → Grapefruit, Spargel, Stachelbeere
  • Torrontés → Blüten, Rosenwasser
  • Verdejo → grüner Apfel, Grapefruit
  • Viognier → Aprikose

aromatische rote Sorten

  • Cabernet Franc → Cassis, Tomatenkraut
  • Cabernet Sauvignon → Cassis, Brombeere, Tabakblätter
  • Carmenère → Cassis, grüne Paprika
  • Pinot Noir → rote Kirsche, Himbeere
  • Syrah → Schwarze Kirschen, Cassis
  • Zweigelt → Zimt, Pfeffer und schwarze Kirsche

3. Gaumen

Es sind vor allem drei Bestandteile, die den Eindruck am Gaumen ausmachen (siehe auch den Beitrag über den Körper des Weins).

  1. Alkohol/Restzucker
  2. Säure
  3. Gerbstoffe und andere Phenole

Jede Rebsorte besitzt nun von Natur aus mehr oder weniger dieser Inhaltsstoffe. Generell gilt: Je dicker die Beerenschale und je kleiner die Beere, desto mehr Gerbstoffe (und Farbe) haben Rotweine. Klima, Boden und Erntezeitpunkt können die Bestandteile in der Beere ebenfalls stark beeinflussen.

Sorten mit viel Zucker → Weine mit «Charme» (Körperfülle, evt. Restzucker)

  • Gewürztraminer
  • Viognier
  • Grenache
  • Merlot
  • Tribidrag (Primitivo, Zinfandel)

Sorten mit viel Säure bzw. Gerbstoff → Weine mit «Struktur»

  • Chenin Blanc
  • Riesling
  • Cabernet Sauvignon
  • Malbec
  • Nebbiolo
  • Sangiovese
  • Syrah
  • Tannat

4. Qualität

Dazu müssen wir nochmals kurz definieren, was ein guter Wein ist: Ein hervorragender Tropfen hat…

…in der Nase

  • Aromatische Intensität
  • Aromatische Komplexität (viele verschiedene Aromen)

Intensität

Bei vielen Weissweinsorten und bei manchen Roten liegt der Fokus des Winzers auf der aromatischen Intensität. Je aromatischer die Sorte, desto intensiver der Wein.

Neben der reinen Intensität ist aber auch die Komplexität entscheidend für die Weinqualität: Denn ein einfacher Sauvignon Blanc, der zwar intensiv riecht, aber nur gerade nach Spargel, wird wenig Freude bereiten.

Komplexität

Dieser von Weinfreunden viel ins Feld geführte Ausdruck bedeutet beim Wein Vielschichtigkeit oder Vielfalt der Aromen. Ein komplexer Sauvignon Blanc aus Marlborough würde neben feinen grasigen Aromen auch Noten von Holunderblüte, Rose, Stachelbeere, grünem Apfel, Grapefruit und Passionsfrucht zeigen.

Damit ein Wein komplex wird, braucht es meist mehr als nur die Rebsorte. Terroir, Klima, Alter der Rebe, Ertrag und natürlich auch die Weinbereitung spielen eine grosse Rolle.

…am Gaumen

  • Balance (zwischen Struktur und Charme)
  • Länge (angenehmer aromatischer Nachhall nach dem Schlucken)

Balance

Bei den Roten hat der Winzer meist die Balance des Weins im Fokus. Es bietet sich also an, die Sorten nach Ihrem Gleichgewicht zu ordnen. Dabei gibt es wenige Sorten, die wie Weissweine alleine abgefüllt werden können und dabei harmonsich sind. Die Mehrzahl der Rotweinsorten profitiert aber von einem Verschnittpartner, der die mangelnde Struktur oder den fehlenden Charme mitbringt.

Die meisten Weissweinsorten ergeben einen mehr oder weniger ausgewogenen Wein und können unverschnitten abgefüllt werden. Der grosse Einfluss liegt hier in der Weinbereitung.

Länge

Hier ist wichtig, dass wir ausschliesslich von der aromatischen Länge sprechen. Also wie lange bleibt eine angenehme Weinaromatik am Gaumen haften. Meist gilt: Je aromatischer die Sorte, desto länger der Abgang und je mehr Restsüsse, desto länger der Abgang.

Die Süsse wird wieder vom Kellermeister gesteuert. Er hat also auch hier seine Hände im Spiel! Sie sehen, alles hängt zusammen und neben der Rebsorte wirken auch Terroir und Winzer auf den Weinstil und die Qualität. Mehr darüber in den kommenden Beiträgen.

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