Wie beeinflusst die Rebsorte den Weinstil?

Viele Faktoren am Rebberg haben Einfluss auf den Weinstil – einer der wichtigsten ist die Rebsorte: Im Beitrag erfährst du, wie sie den Weinstil beeinflusst.

Neben der Farbe verleiht die Rebsorte dem Wein seine primäre Aromatik und die Balance. Wie genau schauen wir uns in diesem Blog im Detail an. Doch davor gilt es zu definieren, was eigentlich ein «Weinstil» ist.

Was genau ist Weinstil?

Betrachten wir den Chablis – ein hellfarbiger, relativ neutraler Weisswein mit schlankem Körper, hoher Säure und guter Lagerfähigkeit. Diese Beschreibung fasst die wesentlichen Merkmale des Weins kurz zusammen und zeigt, dass ein Weinstil eine komprimierte Form einer Weinbeschreibung ist. Um den Stil eines Weins systematisch zu erfassen, betrachten wir die folgenden Aspekte: Auge, Nase, Gaumen, Qualität und Potenzial.

Auge: Wie beeinflusst die Rebsorte die Farbe des Weins?

Die Rebsorte beeinflusst massgeblich die Farbe des Weins. Rot- und Roséweine werden ausschliesslich aus blauen Trauben hergestellt, während Weissweine aus allen Traubensorten gewonnen werden können, einschliesslich blauer Trauben. Rebsorten mit dickeren Beerenhäuten wie Syrah oder Malbec verleihen dem Wein eine tiefere Farbe, während Sorten mit dünnen Schalen wie Pinot Noir oder Nebbiolo eher hellfarbige Weine ergeben. Auch die Weinbereitung, über die wir in einem späteren Beitrag sprechen werden, spielt bei der Farbgebung eine Rolle.

Nase: Wie beeinflusst die Rebsorte das Aroma des Weins?

Viele Rebsorten sind an bestimmten Leitaromen erkennbar, die in der Nase deutlich hervortreten. Diese Leitaromen helfen, die Sorte zu identifizieren und gehören oft zu den aromatischen Sorten.

Aromatische weisse Sorten

  • Gewüztraminer → Litschi, Rosenblüten
  • Muscat → Trauben, Muskat
  • Riesling → je nach Reife von grünem Apfel bis Ananas
  • Riesling-Sylvaner → Trauben, Blüten
  • Sauvignon Blanc → Grapefruit, Spargel, Stachelbeere
  • Torrontés → Blüten, Rosenwasser
  • Verdejo → grüner Apfel, Grapefruit
  • Viognier → Aprikose

Aromatische rote Sorten

  • Cabernet Franc → Cassis, Tomatenkraut
  • Cabernet Sauvignon → Cassis, Brombeere, Tabakblätter
  • Carmenère → Cassis, grüne Paprika
  • Pinot Noir → rote Kirsche, Himbeere
  • Syrah → Schwarze Kirschen, Cassis
  • Zweigelt → Zimt, Pfeffer und schwarze Kirsche

Gaumen: Wie prägt die Rebsorte die Wahrnehmung am Gaumen?

Alkohol, Restzucker, Säure, aber auch Gerbstoffe und andere Phenole: Die Wahrnehmung des Weins am Gaumen wird durch mehrere Komponenten geprägt. Rebsorten unterscheiden sich in ihrer natürlichen Zusammensetzung dieser Bestandteile. Sorten wie Merlot oder Viognier, die von Natur aus einen höheren Zuckergehalt haben, führen zu Weinen mit mehr Körper und Fülle. Hingegen prägen säure- und gerbstoffreiche Sorten wie Riesling oder Nebbiolo den Wein mit einer ausgeprägten Struktur. Der Gesamteindruck am Gaumen wird zudem stark durch das Zusammenspiel von Klima, Boden und dem Erntezeitpunkt beeinflusst.

Qualität: Wie beeinflusst die Rebsorte Qualität und Potenzial?

Ein guter Wein zeichnet sich durch aromatische Intensität und Komplexität in der Nase aus. Ebenfalls verfügt er über die richtige Balance zwischen Struktur und Charme sowie eine gute Länge, also einen intensiven aromatischen Nachhall am Gaumen.

Intensität

Bei vielen Weissweinsorten und bei manchen Roten liegt der Fokus des Winzers auf dem Erhalt des natürlichen Aromenprofils. Dies ist insbesondere bei aromatischen Sorten der Fall, bedeutet jedoch nicht, dass nur bukettreiche Trauben einen intensiven Wein ergeben können. Auch weniger aromatische Sorten wie zum Beispiel Chardonnay vermögen es in dieser Kategorie zu glänzen. Denn sie lassen sich hervorragend durch Sekundäraromen (Fassreife, Hefelager etc.) ergänzen und erlangen dann oft als Sprachrohr des Kellermeisters hohe Intensität. Neben der reinen Intensität ist aber auch die Vielseitigkeit der Aromen entscheidend für die Weinqualität.

Komplexität

Komplexität bedeutet beim Wein Vielschichtigkeit oder Vielfalt der Aromen. Ein komplexer Sauvignon Blanc aus Marlborough würde neben feinen, grasigen Aromen auch Noten von Holunderblüte, Rose, Stachelbeere, grünem Apfel, Grapefruit und Passionsfrucht zeigen. Damit ein Wein komplex wird, braucht er meist mehr als nur die Rebsorte. Terroir, Klima, Alter der Rebe, Ertrag und natürlich auch die Weinbereitung spielen eine grosse Rolle.

Balance

Als Balance bezeichnet man das Zusammenspiel strukturgebender Elemente im Wein – Säure und Tannin – mit charmanten Komponenten wie Süsse, Fruchtaromen und Alkohol. Schlägt das Pendel dabei zu sehr in die eine oder die andere Richtung aus, kann ein Wein schnell als hart bzw. plump empfunden werden. Jede Rebsorte enthält Zucker, Säure, Tannine und Aromen in unterschiedlichen Proportionen. Diese variierenden Komponenten zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen, ist ein wichtiger Teil des Winzerhandwerks. Eine beliebte Methode hierbei ist das Verschneiden von Sorten mit unterschiedlichen Eigenschaften. Bei der richtigen Auswahl lässt sich so nicht nur die Balance verbessern, sondern auch die Komplexität erhöhen.

Länge

Hier ist wichtig, dass wir ausschliesslich von der aromatischen Länge sprechen. Also wie lange bleibt eine angenehme Wein-Aromatik am Gaumen haften. Für eine gute Länge sind Intensität, Komplexität und Balance vorausgesetzt. Wenig intensive oder einfache Aromen verblassen schnell am Gaumen. Ein unbalancierter Wein wird seine überentwickelten Charakterzüge – ob plump oder hart – meist noch stärker im Abgang offenbaren. Meist gilt: Je aromatischer die Sorte und je mehr Restsüsse, desto länger der Abgang. Der Winzer hat also allerhand zu steuern, um uns einen Wein von hervorragender Qualität zu bescheren. Neben der Traubensorte sind beispielsweise auch der richtige Standort, sowie die kompetente Arbeit am Weinberg und im Keller entscheidend. Du siehst: Alles hängt zusammen. Mehr darüber in den kommenden Beiträgen.

Häufige Fragen

Wie nennt man Wein von verschiedenen Rebsorten?

Werden verschiedene Rebsorten oder auch fertige Weine zusammengeführt, so wäre die korrekte deutschsprachige Bezeichnung hierfür ‭‹Verschnitt›. Zwar handelt es sich hierbei um einen völlig normalen und oft qualitätsfördernden Vorgang, jedoch hat das Wort ‭‹Verschnitt› für viele den Hauch des Anrüchigen. Daher verwenden wir lieber wohlklingende Begriffe aus anderen Sprachen wie z.B. Cuvée, Assemblage, Meritage oder Blend. Entgegen weit verbreiteter Annahmen sind diese Begriffe untereinander übrigens völlig austauschbar – ihre Anwendung ist nirgends weinrechtlich geregelt.

Welche Rebsorten sind in der Schweiz am beliebtesten?

Wie überall auf der Welt kommt man auch in der Schweiz zunächst nicht um die populären, französisch-stämmigen Sorten herum: Cabernet Sauvignon, Merlot, Chardonnay, Sauvignon Blanc & Co. erfreuen sich hierzulande allesamt grosser Beliebtheit. Auch der spanische Tempranillo oder der italienische Primitivo liegen im Trend. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn die Schweiz ist auf umfangreiche Importe angewiesen, um den eigenen Wein Durst zu stillen. Gleichzeitig ist eine starke Identifikation mit einheimischen Gewächsen zu beobachten, so dass regional-typische Sorten wie z.B. Chasselas, Cornalin, Räuschling und viele mehr nicht nur erhalten geblieben sind, auch weiterhin ungestört mit internationalen Sorten koexistieren können.

Welcher Weinstil wird bevorzugt?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Geht man rein nach Quantität der hierzulande verkauften Weine, so dominieren – wie überall – klar Massenerzeugnisse, die sich durch begrenzte Intensität, fehlende Komplexität, kurzen Abgang, begrenzte Lagerfähigkeit und niedrigen Preis auszeichnen. Als wissensdurstiger Weinfreund will man dies oft nicht wahrhaben, doch in diese Kategorie entfallen rund 75 Prozent aller weltweit erzeugten Weine, was dann auch einen entsprechenden Anteil am Konsum repräsentiert.
Im gehobeneren Bereich der aromatischen und lagerfähigen Weine schlägt das Pendel dann quantitativ klar zu kraftvollen, alkoholstarken Weinen aus. Insbesondere üppige Erzeugnisse aus Spanien und den wärmeren Regionen Italiens sind enorm populär. Darüber hinaus ist der Schweizer Weinmarkt allerdings sehr diversifiziert und man findet in nahezu jeder Weinkategorie ein umfangreiches Angebot vor. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass es auch entsprechend viele Weinliebhaber geben muss, die der grossen weiten Weinwelt offen gegenüberstehen und bereit sind, sich mit unterschiedlichen Weinstilen zu befassen.

Gibt es einen Trend zu einem bestimmten Weinstil?

Oftmals sind Trends, sobald sie auf breiter Front als solche erkannt werden, ja fast schon wieder in ihrem Endstadium angelangt, wo sie entweder für eine Weile den neuen Mainstream bilden oder in einer Sackgasse stecken bleiben und verschwinden. So ist beispielsweise die Entwicklung beim Rotwein weg von klassischen, kantigen, lange lagerfähigen Weinen hin zu modernen, opulenten und vermehrt jung zu trinkenden Tropfen längst kein Trend mehr, sondern der neue Status Quo, welcher uns sicher noch viele Jahre erhalten bleiben wird. Was die nächste grosse Trendentwicklung sein wird? Wer weiss? Es lässt sich beobachten, dass der moderne Weintrinker immer seltener an einer einzelnen Stilistik festhält und sich dann zehn Kartons des gleichen Weines einlagert. Vielmehr ist das Einkaufen vieler verschiedener Weinstile in kleinen Mengen bei unterschiedlichen Händlern gerade ‭‹in›. Möglicherweise wird die Absenz eines Trends zu einem bestimmten Weinstil der neue Trend sein.

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