Was bedeutet das Klima am Rebberg für den Weinbau?

In jedem Weinbaugebiet herrschen andere klimatische Herausforderungen: Was das für Wein und Winzer bedeutet.

Wenn es darum geht, in jedem Klima eine optimale Weinqualität zu erhalten, werden Winzer kreativ. Zum Beispiel am Simonsberg im heissen Paarl in Südafrika wird der Morgentau kondensiert und den Wurzeln zugeführt. Hier ist jeder Tropfen Wasser wertvoll.

Dabei gibt es im Weinbau nicht nur ein Klima, sondern drei verschiedene: je nach Wirkungsradius sprechen wir von Makro-, Meso- und Mikroklima.

Makroklima

Das Makroklima bezeichnet das Klima, welches in einer ganzen Region herrscht. Das Burgund beispielsweise befindet sich im kühlen Kontinentalklima, Bordeaux hingegen ist warm und maritim.

Mesoklima

Das Lagenklima wird fälschlicherweise von den meisten Weinkennern als «Mikroklima» bezeichnet. Beim Klima eines Rebbergs handelt es sich aber um das Mesoklima. Es wird durch die Höhenlage sowie die Orientierung des Rebbergs beeinflusst und wird deshalb oft auch Topoklima genannt.

Mikroklima

Das Klima, das in der Laubwand bzw. in der Traubenzone herrscht, nennt man Mikroklima. Dieses kann vom Winzer einfach beeinflusst werden: Zum Beispiel durch eine niedrigere oder höhere Reberziehung, Entlaubung der Traubenzone oder durch das Begrünen der Böden.

Entscheidender Faktor im Weinbau: Mesoklima

Das Klima, das den Winzer und auch uns Weinfreunde interessiert, ist das Meso- also das Lagenklima.

Das Mesoklima beeinflusst die Traubenreife entscheidend. Die Rebe braucht zum Ausreifen neben Kohlendioxid und Nährstoffen auch Sonnenlicht, Wärme und Wasser. Ist genügend Wasser vorhanden, sind es vor allem Licht und Wärme, welche die Traubenreifung vorantreiben. 

 

Diese Faktoren beeinflussen Licht und Wärme am Rebberg

Wie viel Wärme oder Licht im Rebberg herrscht, entscheiden hauptsächlich vier Kriterien: In welchen Breitengraden der Rebberg liegt, die Nähe zum Meer, die Höhenlage sowie die Topografie des Gebietes.

Breitengrad

Trifft die Sonne rechtwinklig am Äquator auf, verteilt sich dieselbe Menge an Energie auf ein sehr viel kleineres Gebiet, als wenn sie im spitzen Winkel scheint. Optimale, gemässigte Bedingungen findet die Rebe zwischen dem 30. und dem 50. Breitengrad. Und zwar sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhalbkugel.

Meeresnähe

Grundsätzlich mildern Ozeane und grosse Seen das Klima ab. Im Sommer wird es weniger heiss und im Winter weniger kalt. Dennoch müssen wir unterscheiden, ob das Meer warm oder kalt ist. Während der Atlantische Ozean in Bordeaux das Gebiet aufwärmt, bringt er in Südafrika die für den Rebbau notwendige Kühle.

Meeresnähe geht meist auch mit Nebel, Niederschlag und Wind einher. Drei Faktoren, die für Abkühlung sorgen. Deshalb gelten die folgenden Gebiete in Meeresnähe als ideal für Premium-Weissweine: Sonoma, Carneros und Santa Barbara in Kalifornien, Casablanca in Chile, das Yarra Valley in Australien oder die Walker Bay in Südafrika.

Höhenlage

In warmen Gebieten, in denen keine kühlen Gewässer in der Nähe sind, kann der Winzer auch in höhere Lagen ausweichen. Im Durchschnitt nimmt die Temperatur nämlich pro 100 Höhenmeter um rund 0.6 Grad Celsius ab. Die Temperaturen in den höchsten Rebbergen des Cafajate Valleys in Argentinien sind demnach rund 15 Grad kühler als diejenigen in den tiefen Lagen Mendozas.

Laut dem Guinessbuch der Rekorde liegt der höchste Rebberg der Welt aktuell auf 3563.31 m ü. M. in Cai Na Xiang in Tibet.

(Bild: Decanter China)

Die höchsten Rebberge in der argentinischen Stadt Salta finden wir fast auf gleicher Höhe. Aber auch in vielen anderen Ländern sorgt jeder Höhenmeter für willkommene Abkühlung. In den Adelaide Hills in Südaustralien zum Beispiel (400 bis 600 m ü. M.) oder auch am Ätna in Sizilien (500 bis 1100 m ü. M.).

Topografie

Mit der richtigen Wahl der Lage kann der Winzer den Herausforderungen des Klimas gut entgegentreten.

In Gebieten nahe dem 50. Breitengrad liegen die Rebberge meist an Steilhängen, die der Sonne zugewandt sind. Das Licht trifft damit beinahe rechtwinklig auf und die Rebe erhält bis zu 40 Prozent mehr Energie als in Flachlagen.

Steillagen sind zwar sehr arbeitsintensiv, aber sie haben zwei weitere Vorteile für den Winzer: Die Rebe ist weitgehend vor Frost geschützt, da die eisige Luft ins Tal strömt und sich dort in Kälteseen sammelt. Bei starken Regenfällen fliesst das Wasser besser ab: Das verhindert, dass sich die Trauben vor der Ernte aufblähen und verwässerte Weine entstehen.

Schutzgebirge wie die Vogesen im Elsass, das Kantabrische Gebirge nördlich von Rioja oder das Taunusgebirge im Rheingau halten feuchte Wolken und Winde ab und sorgen für sonnige, warme Vegetationsperioden.

Die Topografie spielt aber nicht nur in kühlen Gebieten eine Rolle. In heissen Regionen wie Stellenbosch werden Reben bewusst an Südhängen (der Sonne abgewandt!) gepflanzt. Das Weingut Babylonstoren in Südafrika hat den neuen Pinot-Noir-Rebberg nicht nur auf beinahe 700 Höhenmetern, sondern auch im Schatten des Simonsberg angelegt.

FAQ

Was mögen Weinreben nicht?

Ganz simpel gesprochen: Zu viel oder zu wenig von einer Sache ist nie gut für die Rebe. Um nur einige Beispiele zu nennen: Rein aus botanischer Sicht fühlt sich die Rebe in fetten, nährstoffreichen Böden sehr wohl. Hier ist sie mit allem im Überfluss versorgt, wächst in atemberaubender Geschwindigkeit und trägt grosse Mengen an Früchten. Allerdings sind diese hohen Erträge nicht gerade qualitätsfördernd. Ideales, aromatisches Traubengut bringt die Rebe eher auf kargen Böden hervor, wo sie als Pflanze jedoch kämpfen muss. Sind die Böden zu karg, kann dann selbst die widerstandsfähigste Rebe nicht überleben. Wärmere Temperaturen fördern zwar Wachstum und Ausreifung, bei zu viel Hitze geht die Rebe allerdings in einen Überlebensmodus und stellt all ihre Aktivitäten mitunter komplett ein. Ein früher Austrieb kann in kühlen Regionen ein Segen sein, denn somit verlängert sich die potenzielle Wachstumsphase bis zur Ernte. Kommt es nach dem Austrieb jedoch zu Frost, erfrieren die empfindlichen, jungen Triebe und es kommt zu enormen Ernteausfällen.

Hagel ist ein Phänomen, welches der Rebe unabhängig von Zeitpunkt und Heftigkeit immer Schaden zufügt und meist eine lange Kette von Problemen nach sich zieht.

Wo wachsen Reben am besten?

Dies ist zunächst eine Frage der Perspektive, denn dort, wo sich die Rebe am wohlsten fühlt, bringt sie selten die besten Resultate.

Geht es um ideale Traubenqualität, so steht die Rebe am besten in kargen Hanglagen, wo ihr starkes Wachstum, sowie ihre Ertragsstärke natürlich gedrosselt werden und sie tiefgründige Wurzeln zur Nährstoffversorgung bilden muss. Je nach regionalem Klima und Rebsorte sollte der Standort so gewählt sein, dass unter Einwirkung lokaler Einflüsse eine möglichst langsame und dadurch nachhaltige Ausreifung der Trauben gewährleistet ist.

Was ist die Herausforderung bei kühlen Gebieten?

Hartnäckig hält sich die weitläufige Meinung, dass viel Wärme und Sonne als Idealbedingungen für den Weinbau anzusehen sind und damit kühle Gebiete klar im Nachteil stehen. Man vergisst dabei schnell, dass kühle Regionen ihre ganz eigenen Vorzüge haben, wie z.B. den Anbau frühreifer Sorten, die in warmen Regionen nicht qualitätstauglich sind, hier aber eine langsame, nachhaltige Ausreifung erfahren können.

Die grösste Herausforderung in einer kühlen Weinbauregion ist es, einer kurzen Wachstumsphase mit niedrigen Durchschnittstemperaturen zu begegnen – also spät einsetzender Frühlingswärme und schneller Abkühlung im Herbst. Hierbei ist zunächst die Sortenwahl von enormer Bedeutung, denn nicht jede Rebsorte kann unter diesen Bedingungen optimale Reife erreichen. Um das Wachstum der Rebe zu begünstigen, sucht man in kühlen Gebieten meist nach helfenden, regionalen Einflüssen, wie z.B. den Wetterschutz durch Gebirge, Hanglagen für bessere Sonneneinstrahlung, idealer Hangausrichtung für maximale Sonnenexposition oder auch die Nähe zu wärmenden Gewässern, die darüber hinaus noch Sonnenlicht in den Rebberg reflektieren können. 

Welche Schwierigkeiten bringen heisse Gebiete für den Weinbau?

Viele Weingeniesser gehen allgemein davon aus, dass viel Wärme und Sonne als Idealbedingungen für den Weinbau anzusehen sind und damit heisse Gebiete klar im Vorteil stehen. Man vergisst dabei schnell, dass erfolgreicher Weinbau auch hier kein Selbstläufer ist.

Die grösste Herausforderung in heissen Weinbauregionen ist es, einer langen Wachstumsphase mit hohen Durchschnittstemperaturen zu begegnen – also früh einsetzendem Austrieb und lang anhaltender Wärme bis in den Spätherbst. Hierbei ist zunächst die Sortenwahl von enormer Bedeutung: Spätreife Sorten sind gefragt, welche diese lange Wachstumsphase gänzlich ausschöpfen können, um optimale Reife zu erreichen. Frühreife Sorten würden zu rasch erntebereite Erträge hervorbringen und hätten dabei keine Zeit, aromatisch auszureifen.

Wassermangel ist in fast jedem heissen Gebiet eine Herausforderung. Ist keine Bewässerung möglich, setzt man daher beispielsweise auf grosse Abstände zwischen den einzelnen Reben, damit sie sich in der Versorgung nicht gegenseitig konkurrenzieren. Beliebt sind in heissen Gebieten auch kühlende Einflüsse, die die Reifung der Trauben hinauszögern und somit für eine bessere Aromenausprägung sorgen. Beispiele hierfür sind unter anderem Höhenlagen oder kühle Luftströmungen, wie sie durch kalte Gewässer erzeugt werden.

Wie beeinflusst das Klima den Weinstil?

Das Klima hat für das Endprodukt eine grosse Bedeutung und beeinflusst nebst anderen Faktoren vor allem die Wahl der Rebsorte. Wird die gleiche Sorte in unterschiedlichen Klimazonen angebaut, ergeben sich oft starke Unterschiede in Aromenausprägung, Säure und Körper des Weins. Daneben gibt es noch weitere Einflüsse:

Farbe blasse Farben
Weissweine: Grüngelb bis Zitronengelb
Rotweine: Purpurrot bis Rubinrot
tiefe Farben
Weissweine: Zitronengelb bis Goldgelb
Rotweine: Purpur bis Granatrot
Aromen Weissweine: Gras, Blüten und grüne Früchte
Rotweine: Kraut und frische, beerige Aromatik
Weissweine: exotische Frucht, Dörrfrüchte bis Honig
Rotweine: gekochte Beeren, Kompott, Konfitüre
Süsse meist komplett trocken ausgebaut oft leicht spürbare Restsüsse
Säure mittlere (+) bis hohe Säure niedrige bis höchstens mittlere Säure
Tannin wenig, aber trockene, deutlich adstringierende Gerbstoffe viel, aber geschmeidige, kaum merkbare Tannine
Alkohol,
Körper
niedriger bis mittlerer Alkohol, damit schlanker bis mittlerer(-) Körper mittlerer (+) bis meist hoher Alkohol und damit voller Körper

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