Was sagt die Farbe über den Wein aus?

Was verrät die Farbe eines Weins wirklich? Obwohl die Farbe von vielen Faktoren beeinflusst wird, lässt sie oft nur schwer Rückschlüsse auf den Charakter oder die Qualität zu. Ein genauer Blick auf die Farbnuancen kann jedoch spannende Einblicke in die Herstellung des Weins bieten.

Die Farbe eines Weins wird vom Zusammenspiel vieler Einflüsse geprägt, wie etwa von der verwendeten Rebsorte, der Arbeit im Weinkeller oder dem Alter des Weins. Da all diese Faktoren stark variieren können, ist es relativ schwierig, alleine aufgrund der Farbe konkrete Rückschlüsse auf den Charakter oder die Qualität des Weins zu ziehen. Dennoch ist es sehr spannend, einen Blick hinter die Farbausprägung eines Weins zu werfen und zu verstehen, welche Faktoren die Farbe in welcher Weise beeinflussen.
Beim professionellen Verkosten und Beurteilen von Wein spielt die Farbe übrigens nur eine nebensächliche Rolle und es wird lediglich die Farbtiefe sowie der Farbton beschrieben. Diese Beobachtungen fliessen jedoch nicht in das Qualitätsurteil ein, da etwaige Rückschlüsse ohne die Unterstützung von Nase und Gaumen reine Spekulation wären.

So werden Farbtiefe und Farbton im Wein beurteilt

Am besten lassen sich Farbtiefe und Farbton unter klassischen Verkostungsbedingungen richtig einschätzen. Also anhand eines Probierschlucks von drei bis vier Zentiliter in einem Weinglas mit mittelgrossem Kelch bzw. einem gängigen Universalglas. Das Glas sollte unverziert sein. Ausserdem wird eine weisse Unterlage benötigt. Den aussagekräftigsten Eindruck erhältst du, wenn du das Glas im 45-Grad-Winkel über der Unterlage hältst und den Wein von oben betrachtest. Halte das Glas nicht, wie es in Filmen oft dargestellt wird, gegen eine starke Lichtquelle – dies verfälscht deine Beobachtungen. 

Farben in Weissweinen

​Da Weissweine immer transparent sind, wird das Beurteilen der Farbtiefe oft als schwierig wahrgenommen. Hier ist es hilfreich, den sogenannten Wasserrand des Weins heranzuziehen. Aufgrund der Wölbung des Glases wird der Probierschluck zum Rand hin seichter und damit heller. Die höchste Farbintensität stellen wir immer in der Mitte des Weins fest. Ganz am Rand ist praktisch jeder Weisswein wasserhell und anhand der Breite dieses Wasserrandes können wir nun die Farbtiefe beurteilen: Ist der Farbton des Weins bis an den äussersten Rand zu erkennen, sprechen wir von hoher Farbtiefe. Ist die wässrige Randzone hingegen sehr breit, so ist der Wein blass. Das klassische Farbspektrum beim Weisswein reicht von Grüngelb über Zitronengelb, Goldgelb und Bernsteingelb bis hin zu Braun.

Was kann die Farbe über einen Weisswein aussagen?

Bei grüngelber und blasser zitronengelber Färbung lassen sich mit relativer Sicherheit zwei Rückschlüsse ziehen: Der Wein ist jung und hatte wenig bis gar keinen Sauerstoffkontakt, wurde demnach im Stahltank ausgebaut. Durch Alterung und/oder Sauerstoffkontakt (z.B. im Zuge einer Fassreife) intensiviert sich die Farbe.

Leider geht es nicht ganz so einfach weiter: Zeigt der Wein ein tiefes Zitronengelb, so können wir vermuten, dass er über längere Zeit in einem Fass gereift ist. Er könnte andererseits auch einfach nur in die Jahre gekommen sein. Jeder Weisswein durchläuft früher oder später das gesamte Spektrum von tiefem Zitronengelb über Goldgelb und Bernsteingelb bis Braun. Ob er dabei durch zunehmendes Alter vorangetrieben wurde oder ob Massnahmen im Weinkeller wie Fassausbau und bewusste Oxidation den Farbton beeinflusst haben, lässt sich mit dem Auge nicht erkennen. Und auch ein Rückschluss auf die Qualität ist nicht möglich. Während ein blasser, goldgelber Sauvignon Blanc aus Neuseeland mit Sicherheit über seinen Zenit hinaus ist, hat ein Sauternes mit dieser Farbausprägung seine besten Jahre noch vor sich.

Das bedeutet der Weissweinfarbton:

Weinfarben in Rotweinen

Bei Rotweinen ist der Kern oft so farbtief, dass eine exakte Farbbeurteilung schwierig ist. Rotweinfarben lassen sich daher am besten am Glasrand beurteilen. Die Farbintensität zeigt sich an der Durchsichtigkeit: Durch blasse Weine kann man hindurchsehen, etwa um eine Zeitung zu lesen. Tieffarbige Weine sind hingegen komplett undurchsichtig.

Das klassische Farbspektrum reicht von Purpurrot über Rubinrot, Granatrot und Braunrot bis Braun.

Was kann die Farbe über einen Rotwein aussagen?

Ist es beim Weisswein schon schwierig, konkrete Rückschlüsse aufgrund der Farbausprägung zu ziehen, so ist dieses Unterfangen beim Rotwein ungleich schwieriger. Alter und Oxidation zeigen sich beim Rotwein in Form von zunehmenden Brauntönen und einer fortschreitenden Aufhellung. Farbe fällt nämlich mit der Zeit als Teil des Depots aus, sodass die Farbtiefe mit der Zeit nachlässt. 

Als weitere Einflüsse auf die Farbe kommen ausserdem noch die Rebsorte sowie der Umgang des Winzers mit der Rotweinmaische hinzu. Manche Rebsorten bringen von Natur aus wenig Farbe mit, was mit geringer Farbpigmentierung und/oder dünnen Schalen zusammenhängt. Das bekannteste Beispiel hierfür ist der Pinot Noir. Malbec hingegen hat sehr farbintensive, dicke Schalen und bringt praktisch immer tieffarbige Weine hervor. Verlässliche Rückschlüsse auf die Sorte sind dennoch schwierig, da auch die Winzer hier noch ein gehöriges Wörtchen mitreden. Entscheidet er sich für einen sehr schonenden Umgang mit der Rotweinmaische – z.B. durch sanftes Umpumpen – ist der Wein am Ende heller, als wenn während der Gärung Most und Maische mit hoher Frequenz kraftvoll durchmischt werden. 

Viele Konsumentinnen und Konsumenten sehen eine besonders dunkle Farbe beim Rotwein als attraktiv an. Möchte ein Winzer diesem Trend folgen, so kann er dies mittels intensiver Maischebehandlung erreichen und seinen Wein ggf. mit kleinen Anteilen besonders farbintensiver Rebsorten (es gibt sogenannte Färbertrauben) ergänzen. 

Das bedeutet der Rotweinfarbton:

Weinfarben in Roséweinen

Genau wie Weissweine sind viele Roséweine sehr transparent. Der Farbton lässt sich auch hier deshalb am besten im Kern beurteilen. Für die Einschätzung der Farbtiefe lässt sich wiederum die Breite des wässrigen Randes heranziehen.

Das Farbspektrum im WSET Verkostungssystem reicht von Hellrosa über Lachsfarben bis Orange. Kommen Brauntöne hinzu, so ist ein Rosé in jedem Fall zu alt, weshalb diese Farbausprägung auch nicht berücksichtigt wird.

Was kann die Farbe über einen Roséwein aussagen?

Die Farbtiefe kann vom Winzer präzise gesteuert werden. Je länger nämlich der Maischekontakt, desto intensiver wird die Farbe des gärenden Weins. Dies richtet sich oft nach der Typizität und der Erwartungshaltung an gewisse Roséstile. «White Zin» oder «Dôle Blanche» sind beinahe farblos blass, während ein «Tavel» oft schon die Farbausprägung eines hellen Rotweins erreicht.

Die meisten Roséweine sollten jung getrunken werden. Ein ungetrübtes Hellrosa signalisiert uns in jedem Fall einen jungen Roséwein. Knifflig wird es im orangenen Farbbereich, denn es könnte sich hier einerseits um eine Vorstufe zu Braun und damit um ein Indiz für fortgeschrittenes Alter handeln. Manche Roséweine zeigen jedoch von vornherein einen Orange-Ton und präsentieren sich trotzdem jugendlich-frisch. Dies kann mit der Sortenwahl und den Entscheidungen des Winzers zusammenhängen. Auch hier zeigt sich wieder deutlich, dass ohne den Kontext aus Nase und Gaumen kein eindeutiger Rückschluss aufgrund der Farbe gezogen werden kann. 

Das bedeutet der Roséweinfarbton:

 

Das bedeuten Kirchenfenster, Tränen und Schlieren im Wein

Dieser Effekt ist dir bestimmt schon aufgefallen: Nach dem Schwenken des Glases beginnen «Tränen» an der Glasinnenseite hinunterzufliessen. Oft wird behauptet, dies sei ein Zeichen für die Qualität des Weins. Das stimmt jedoch nicht. Die sogenannten «Schlieren» entstehen durch den Effekt der «Marangoni-Konvektion», welcher durch die Verdunstung des Alkohols hervorgerufen wird.

Je mehr Alkohol ein Wein enthält, desto mehr Tränen und desto kleinere, spitzere «Kirchenfenster» zeigt er. Weine mit wenig Alkohol hingegen bilden weniger Schlieren, die in grösserem Abstand fliessen und dadurch grosse, rundbogige «Kirchenfenster» entstehen lassen.

 

Häufige Fragen

Was sagt die Farbe über den Wein aus?

Am besten lässt man sich nicht alleine aufgrund der Farbe zu einer Aussage über den Wein hinreissen, denn gänzlich unterschiedliche Einflüsse auf den Wein können sich auf gleiche Weise im Farbton niederschlagen: 

Ein Sauvignon Blanc aus Marlborough wird beispielsweise im Stahltank ausgebaut und sollte in jungem Alter getrunken werden, wo er ein blasses Zitronengelb zeigt. Mit zunehmendem Alter wird dieser Wein dunkler. Hat er das goldgelbe Spektrum erreicht, ist er definitiv zu alt und nicht mehr geniessbar.

Ein weisser Grand Cru aus dem Burgund reift für eine gewisse Zeit im Fass und zeigt daher von vornherein ein tieferes Zitronengelb. Der Wein hat Struktur und Reifepotential und die Farbe entwickelt sich wie beim Sauvignon Blanc aus Marlborough weiter. Hat der Burgunder das goldgelbe Spektrum erreicht, wird er sich nahe am Höhepunkt seiner Genussphase befinden.

Welche Aussage möchtest du nun also aufgrund der goldgelben Farbe über einen Wein treffen, wenn dir Etiketteninformationen oder die Eindrücke aus Nase und Gaumen fehlen?

Warum achten Leute auf die Farbe des Weins?

Oft hat das Betrachten der Weinfarbe rein ästhetische Hintergründe. Gerade beim Rotwein wird eine tiefe Farbausprägung oft als besonders attraktiv wahrgenommen. Auf psychologischer Ebene kann dies dann den Weingenuss beeinflussen. In der Realität ist eine dunkle Farbe jedoch kein Qualitätsmerkmal.

Unter einem gewissen Kontext achten auch Kenner auf die Farbe. Werden beispielsweise mehrere Weine der gleichen Kategorie verkostet, so kann die Farbe durchaus Aufschluss über das Alter der einzelnen Weine liefern. Dennoch bestätigt man diese Beobachtung immer über Nase und Gaumen, bevor eine konkrete Aussage getroffen wird.

Woher bekommt Wein seine Farbe?

In erster Instanz erhält der Wein seine Farbe aus den Trauben. Weissweintrauben sind hell und werden schnell abgepresst, was dann auch einen hellen Most ergibt. Bei den meisten Rotweintrauben steckt die rote Farbe in den Schalen der Beeren und wird während der Gärung ausgelaugt. Weiter können Massnahmen im Keller wie z.B. eine längere Fassreife oder auch bewusste Oxidation des Weins die Farbe beeinflussen. Und schlussendlich schlägt sich auch zunehmendes Alter auf den Farbton nieder.

Wodurch wird die Farbe des Weins bestimmt?

Weisse Moste sind zu Beginn immer blass und bewegen sich im grüngelben bis zitronengelben Spektrum. Werden sie unter Ausschluss von Sauerstoff – z.B. im Stahltank – vergoren und ausgebaut, so bleibt die blasse Färbung bis zur Abfüllung unverändert.

Wird ein Weisswein hingegen über längere Zeit im Holzfass ausgebaut, so nimmt er in sehr kleinen Mengen Sauerstoff auf. Die Farbe wird dabei tiefer und dunkler. Bereits zum Zeitpunkt der Abfüllung zeigt sich ein mittleres bis tiefes Zitronengelb. Wird der Wein mit starkem Sauerstoffkontakt ausgebaut – z.B. ein Oloroso Sherry – so nimmt er dadurch bernsteingelbe oder gar braune Farbtöne an.

 

Sauerstoffkontakt bei der Weinbereitung beschleunigt die voranschreitende Farbentwicklung. Aber mit zunehmender Reife wird jeder Weisswein früher oder später die Phasen von Goldgelb über Bernsteingelb bis Braun durchlaufen.

Beim Rotwein ist zunächst die Rebsorte ein entscheidender Faktor. Manche Sorten haben dünne Schalen mit geringer Farbpigmentierung, was eher helle Weine ergibt, andere Sorten haben dicke Schalen mit viel Farbstoff. 

Wie können Winzer die Farbe eines Weins beeinflussen?

Als nächstes liegt es aber am Winzer, wie stark er die Farbe extrahieren möchte. Die Schalen werden beim Rotwein ebenfalls vergoren, um die Farbstoffe auszulösen. Je nachdem wie intensiv der Winzer während dem Gärprozess Most und Schalen durchmischt, kann er hier bis zu einem gewissen Grad die Farbausbeute steuern.  Genau wie beim Weisswein schlägt sich auch beim Rotwein das Alter auf die Farbe nieder. Mit zunehmender Reife fallen Farbstoffe als Teil des Depots aus. Der Wein wird dadurch heller und zeigt einen zunehmenden Braunanteil in der Farbwahrnehmung.    

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