Was sagt die Weinetikette über die Herkunft der Trauben?

Woher genau stammen eigentlich die Trauben für den Wein, den ich vor mir habe? Und was sagt die Weinetikette über die Herkunft der Trauben aus?

Das Weinetikett ist im Geschäft etwas vom Ersten, was Konsumentinnen und Konsumenten von einem Wein wahrnehmen. Was das Weinetikett über die Herstellung aussagt und welche Informationen ein Etikett über die Eigenschaften eines Weins Preis gibt, haben wir bereits in einem Blogbeitrag beleuchtet. Doch welche Aufschlüsse gibt das Weinetikett über die Herkunft der Trauben?

Was ein Weinetikett über die Herkunft eines Weins verrät

Bei allen Weinen mit sogenannten «romanischen» Weinetiketten wird nicht die Rebsorte, sondern die Herkunft der Trauben angegeben. Diese Ursprungsangabe kann sehr weit oder ganz eng gefasst sein – von einer ganzen Region bis zu einer Rebbergparzelle. Vereinfacht gilt: Je enger die Herkunft deklariert ist, desto strenger sind die Vorgaben, welche ein Wein erfüllen muss.

Abstufungen der Herkunftsangabe auf dem Weinetikett

Grundlegend unterscheidet man zwischen Weinen ohne geografische Herkunftsangabe – es wird lediglich das Anbauland genannt, sofern alle Trauben aus einem Land stammen – und Weinen mit geografischem Ursprung.

Geografische Ursprungsangaben sind in der EU geschützt und reguliert. Hinter jeder Herkunftsbezeichnung steckt dabei eine Vielzahl an Vorschriften, die ein Winzer einhalten muss, um die entsprechende Ursprungsangabe verwenden zu dürfen.

Weine mit spezifischer Herkunft sind nochmals in zwei Kategorien unterteilt:

  1. Einfache geografische Angabe / Landwein / PGI (Protected Geographical Indication)
  2. Geschützter geografischer Ursprung / Qualitätswein / PDO (Protected Designation of Origin)

Jedes Weinbauland hat für diese beiden Kategorien Bezeichnungen und Kürzel in der jeweiligen Landessprache – siehe Beispiel Frankreich unten. Das Grundprinzip ist jedoch immer gleich: Landweingebiete sind meist relativ grossflächig und der Winzer hat viel Spielraum, da die Vorschriften (z.B. die erlaubten Rebsorten) eher moderat gehalten sind. In Qualitätsweingebieten gelten strengere Vorschriften, denn sie sollen einen gebietstypischen Weinstil repräsentieren.

Manche Länder unterteilen das Qualitätsweinsegment nochmals in mehrere Kategorien. Zum Beispiel Italien unterscheidet den geografischen Ursprung für Weine mit «Denominazione di Origine Controllata e Garantita» (italienisch für «kontrollierte und garantierte Herkunftsbezeichnung»), abgekürzt DOCG- und «Denominazione di origine controllata« (italienisch für «kontrollierte Ursprungsbezeichnung»), kurz -DOC.

1. Weinetiketten mit geschütztem geografischen Ursprung

Die innerhalb einer geschützten geografischen Ursprungsangabe zusammengefasste Weinbaufläche kann stark variieren: Sie kann ein ganzes Weingebiet umfassen, eine Gemeinde oder, wie im abgebildeten Etikett, einen einzelnen Rebberg. Die grösste Qualitätsweinappellation in Frankreich ist beispielsweise die AOP Bordeaux mit über 100’000 Hektar Rebfläche. Die Kleinste ist die AOP La Romanée Grand Cru im Burgund und umfasst weniger als 1 Hektar. Bedenken Sie die Faustregel “je kleiner, desto strenger” und Sie haben einen Faktor erfasst, der zum hohen Preis burgundischer Grand Cru Weine beiträgt.

 

Ursprungsangaben sind gesetzlich streng reglementiert und kontrolliert. In diesen Bestimmungen ist nicht nur der Standort der Rebe definiert, sondern auch Rebbau, Weinbereitung, Ausbau und erlaubte Rebsorten. Diese Art der Weinetiketten zu entschlüsseln verlangt zwar fundiertes Wissen, gibt dem Kenner aber im Gegenzug eine präzise Auskunft über den Weinstil.

Bezeichnungen für den geschützten geografischen Ursprung:

Land Bezeichnung
Frankreich, Schweiz Appellation d’Origine Contrôlée AOC (oder in Frankreich neu auch Appellation d’Origine Protégée AOP)
Italien Denominazione di Origine Controllata e Garantita DOCG
Denominazione di Origine Controllata DOC
Spanien Denominacion de Origen Calificada DOC
Denominacion de Origen DO
Portugal Denominação de Origem Protegida
Deutschland, Österreich Prädikatswein
Qualitätswein

2. Weinetiketten mit einfacher geografischer Angabe: “Landweine”

Auch die einfache geografische Angabe bezieht sich auf eine Weinregion oder ein Untergebiet. Sie ist aber meist weit gefasst und schränkt für den Winzer bzw. die Winzerin die Wahl der Rebsorten kaum ein. Zudem lässt sie viel Spielraum in Rebberg und Keller zu.

Landweine – oder international: PGI-Weine – werden deshalb meist in grösseren Mengen, in einfacherer Qualität und zu günstigeren Preisen produziert als Weine mit geschütztem Ursprung. Es gibt aber auch sehr prominente Ausnahmen.

An diesen Ausdrücken erkennen Sie die einfache geografische Angabe:​

In Klammer die traditionellen Begriffe, die heute noch dominieren.

Land Bezeichnung
Frankreich Indication Géographique Protegée (Vin de Pays)
Italien ​Indicazione Geografica Tipica
Spanien Vino de la Tierra
Portugal Indicação Geográfica Prodegida (Vinho Regional)
Schweiz Vin de Pays
Deutschland, Österreich Landwein

3. Weinetiketten ohne geografische Angabe

Die einfachsten, günstigsten Weine werden ohne geografische Angabe etikettiert. Trauben können dann aus dem ganzen Produktionsland verschnitten werden. Neu ist hierbei die Angabe der Rebsorte und des Jahrgangs erlaubt, jedoch nicht verpflichtend.

 

Früher hiess diese Kategorie noch Tafelwein (vin de table, vino da tavola…) und Sortenangaben waren verboten. Europäische Produzenten waren damit gegenüber dem Rest der Welt benachteiligt. Denn in Weinbauländern der Neuen Welt war es schon immer üblich, sortenreine Massenweine mit Trauben aus verschiedenen Landesteilen herzustellen und die Sorte über das Etikett zu kommunizieren.

Die Weine ohne geografische Angabe erkennen Sie ganz einfach an diesen Ausdrücken auf dem Etikett: Deutscher Wein, Vin de France, Vino d’Italia, Vino de España …

Enge Herkunftsbezeichnung auf der Weinetikette – grösseres Qualitätsversprechen

Innerhalb der Kategorie von Weinetiketten mit geschütztem geografischen Ursprung (in Frankreich AOP) kann die Herkunft nochmals eingeengt werden. Hier am Beispiel des Burgunds, wo das Ursprungskonzept auf die Spitze getrieben wird:

Für diesen einfachen «Bourgogne» dürfen Trauben aus der ganzen Region Burgund gebraucht werden.

Für diesen Wein wurden alle Trauben in der Unterregion Côte-de-Beaune geerntet.

Dieser Wein darf nur aus Trauben gewonnen werden, deren Rebstöcke sich innerhalb der Gemeinde Pommard befinden.

Dieser Wein enthält ausschliesslich Trauben der Einzellage «Rugiens» in Pommard.

Die Herkunft auf Weinetiketten: Auch im Rest der Welt wichtig

Zwar werden in der Neuen Welt die Weine vor allem nach Rebsorte etikettiert, aber für Kenner und Kennerinnen spielt die Herkunft dennoch eine Rolle.

Dieser Wein ist ein Verschnitt der Trauben vom ganzen australischen Kontinent.

Hier handelt es sich um einen Verschnitt von Trauben aus dem ganzen Staat South-Australia.

Hier stammen die Trauben nur aus der kleinen Unterregion Coonawarra.

Lange Zeit hatten geschützte Ursprungsangaben in den Weinbauländern der neuen Welt keine hohe Priorität. Es standen vor allem Rebsorte und Erzeuger im Vordergrund, was zwar einerseits zu leicht verständlichen Etiketten führte, diese aber andererseits auch deutlich weniger Aussagekraft hatten als ihre europäischen Pendants.

Heute beobachtet man zunehmende Tendenzen hin zu präziseren, geografischen Angaben und der Entstehung geschützter Ursprungsangaben. So ist das berühmte Napa Valley beispielsweise nochmals in 16 Qualitätsweinappellationen (AVA – American Viticultural Area) untergliedert. Diese sind allerdings bei weitem (noch) nicht so streng reguliert wie in der EU.

Ausnahmen auf den Weinetiketten bestätigen die Regel

Manchmal trifft die Faustregel je enger desto besser nicht zu. «Grange» ist unbestritten einer der besten (und mit rund 650 Franken pro Flasche auch einer der teuersten) Australier. Er wird aber dennoch aus Trauben gekeltert, welche im ganzen Staat South Australia wachsen.

Kann ich aufgrund der Weinetikette sehen, ob ein Wein gut ist?

Das ist die Frage, die vielen Weinliebhaber unter den Nägeln brennt. Leider liefert die Weinetikette keine zu 100% verlässlichen Angaben zur Weinqualität, denn Talent ist etwas, was man keiner Winzerin und keinem Winzer gesetzlich vorschreiben kann.

Auch wenn Medaillen und Begriffe wie «Grand Vin», «Grand Cru», «Premier Cru», «Grosses Gewächs» oder «Erste Lage» Qualität suggerieren – am Ende zählt nur der Wein im Glas. Also bleibt Ihnen nichts anderes übrig als zu lernen, Wein seriös und objektiv zu beurteilen. Wir freuen uns, Sie auf diesem Weg zu begleiten!

Wenn Sie an Expertenmeinungen betreffend Topweine aus berühmten Regionen interessiert sind: Weinzeitschriften wie «Vinum», «Weinwisser» oder Robert Parker’s «The Wine Advocate» leisten Ihnen dabei wertvolle Hilfe.

Wichtig ist es auch, den Charakter eines Weines und die wichtigsten Rebsorten kennenzulernen. Der Lehrgang WSET Level 2, die Ateliers der Académie du Vin und regelmässige, systematische Degustationen sind der schnellste Weg hierzu.

Lernen Sie zu guter Letzt die Finessen der Lagen und Terroirs kennen. Spezialisierte Weinbücher, Reisen in die Weingebiete und der WSET Level 3 Award in Wines erschliessen dieses Thema.

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FAQ

Wie erkenne ich die Herkunftsregion eines Weins auf dem Etikett?

Hierbei ist ein wenig geografisches Grundwissen sicher nicht fehl am Platz. Weinetiketten sind oft mit Informationen überladen und es wird vom Konsumenten verlangt, sich in dieser Informationsflut zurechtzufinden. Nicht selten müssen wir in unseren Kursen aufklären, dass es sich bei Rioja nicht um eine Traubensorte, sondern um eine geschützte, geografische Ursprungsangabe handelt. Haben Sie jedoch den ein oder anderen Kurs bei der Académie du Vin besucht, wird es für Sie ein Kinderspiel sein, die Herkunftsangabe auf dem Etikett zu identifizieren.

Beeinflusst die angegebene Herkunft auf dem Weinetikett die Qualität des Weins?

Jein. Die Vorschriften hinter einer Herkunftsangabe sind von Region zu Region unterschiedlich gestaltet. So ist Chianti beispielsweise auf dem Papier eine DOCG, also eine geschützte, kontrollierte und garantierte Herkunftsangabe. Jedoch sind die an einen Chianti gestellten Vorgaben derart lasch, dass unter dieser Bezeichnung auch Billigweine für weniger als 5 Franken pro Flasche in unseren Regalen landen können. Einen Kontrast hierzu stellt dann beispielsweise die DOCG Barolo dar, wo die Vorschriften derart streng sind (unter anderem ist eine mehrjährige Reifung der Weine vor dem Verkauf vorgeschrieben), dass zumindest eine sehr hohe Grundqualität dieser Weine gesichert ist. Man muss also Herkunftsangaben – so wie auch alles andere im Leben – sehr differenziert betrachten. Ohne gewisse Grundlagen wird es schwierig, konkrete Rückschlüsse zu ziehen.

Warum verwenden viele Regionen grundsätzlich keine Rebsortenangabe auf dem Etikett?

Für alle europäischen Weine mit geschützter Ursprungsangabe ist nur eine limitierte Auswahl an Rebsorten zugelassen – manchmal sogar nur eine. Mitunter sind sogar Minimal- oder Maximalanteile gewisser Sorten am Wein vorgeschrieben. Ziel dieser und anderer Vorschriften ist es, mit der Herkunftsangabe einen möglichst präzisen, gebietstypischen Weinstil zum Ausdruck zu bringen. Die Rebsorte ist damit nur ein Teil des Ganzen und die Region soll als repräsentierender Faktor in den Vordergrund rücken. Es liegt dann freilich an uns als Konsumenten, die entsprechenden Weinstile zu entschlüsseln – eine spannende und genussvolle Aufgabe.

Was ist der Unterschied zwischen einem AOC-, DOC- und IGP-Wein?

Jedes europäische Weinbauland unterscheidet grundsätzlich zwischen Qualitätsweinen und Landweinen. Für beide Weintypen gibt es separat gegliederte Herkunftsbezeichnungen. International wird hier zwischen PDO – Protected Designation of Origin (Qualitätsweingebiet) und PGI – Protected Geographical Indication (Landweingebiet) unterschieden. Darüber hinaus hat jedes Weinbauland seine eigenen Kürzel und Bezeichnungen in eigener Sprache für diese geografischen Angaben. AOC (Appellation d´Origine Contrôlée) bezeichnet in Frankreich eine PDO, genauso wie DOC (Denominazione di Origine Controllata) in Italien. IGP bezeichnet in beiden Ländern eine Landweinregion (Indication Géographique Protégée / Indicazione Geografica Protetta).

Wie genau wird die Herkunft eines Weins kontrolliert?

Die konkrete Bürokratie hinter geschützten Ursprungsangaben variiert von Land zu Land, jedoch gibt es für alle Herkunftsangaben mindestens ein zuständiges Kontrollorgan, also eine Behörde welche in Zusammenarbeit mit regionalen Weinbauorganisationen die konkreten Regeln für einen Ursprungswein definiert und auch die Einhaltung dieser Regeln kontrolliert. Zentrale Kontrollelemente sind hierbei zum Beispiel die obligatorische Führung von Kellerbüchern, Weinbergsbegehungen oder auch sensorische Prüfungen.