Die wichtigsten Traubensorten weltweit

Französische Sorten dominieren mit ihrer globalen Ausdehnung die Weinwelt. In diesem Beitrag beleuchten wir die wichtigsten Rebsorten, aktuelle Trends und die Herausforderungen, die Winzer bei der Sortenwahl beachten müssen.

Nicht weniger als 697 Traubensorten mit ihrer weltweiten Rebfläche listet Kym Anderson, Professor und Direktor des renommierten Wine Economics Research Centre der Universität Adelaide, in seiner Untersuchung «Which Winegrape Varieties are Grown Where?» auf. Die meist angebaute Rebsorte ist im Augenblick Cabernet Sauvignon mit 290’000 Hektar Anbaufläche. Im Buch «Wine Grapes» von Jancis Robinson, Julia Hardings und dem Schweizer Rebenforscher José Vuillamoz stehen detailliert sogar 1368 Sorten beschrieben.

 


Cabernet Sauvignon braucht viel Wärme, um voll auszureifen. Die warmen Kiesböden im Médoc und Graves unterstützen die Reben dabei.

 

An der Auflistung der Top-Ten-Trauben weltweit wird auch die Vorbildrolle Frankreichs klar: Sieben der zehn meist angebauten Rebsorten stammen aus Frankreich, darunter die bekannten Bordeaux-Stars Cabernet Sauvignon und Merlot. Auch bei den weissen Qualitätssorten führen französische Reben: Chardonnay und Sauvignon Blanc sind weltweit prägend. Egal wo diese Sorten angebaut werden, gelten ihre jeweiligen, französischen Spitzenweine meist als Massstab und Vorbild. Dies sind entscheidende Gründe, weshalb Frankreich in den WSET-Kursen ein solches Gewicht hat.

Die 10 am meisten angebauten Rebsorten weltweit

 

 

Dass französisch-stämmige Rebsorten einen so hohen Stellenwert geniessen, kommt nicht von ungefähr. Aus ihnen wird auch ausserhalb Frankreichs ein Grossteil aller weltweiten Spitzenweine bereitet. Sie haben also enormes Qualitätspotenzial und geniessen daher einen ausgezeichneten Ruf.

Darüber hinaus sind die französischen Rebsorten unter den Top 10 – mit Ausnahme des Pinot Noir – sehr flexibel was ihren Standort betrifft. Sie kommen meist mit unterschiedlichen Wachstumsbedingungen sehr gut zurecht, was natürlich einer weiten Verbreitung und einer stilistischen Vielfalt zuträglich ist.

Der Hauptgrund für ihre enorme Flächenausdehnung ist jedoch ein anderer und weitaus trivialer: Aus diesen Sorten lassen sich auch bei sehr hohen Erträgen noch verhältnismässig anständige Weine erzeugen und somit sind sie hervorragend für den Massenweinbau geeignet. Petrus, Montrachet, Hermitage & Co sind für jeden Kenner geläufige Namen, aber zu glauben, eine Sorte schaffe alleine mit Spitzenweinen den Sprung in die Top 10, ist dann doch eher naiv. 75% aller weltweit erzeugten Weine sind eben einfache Massenerzeugnisse.

Einige Ausnahmen sind natürlich auch unter den Spitzenreitern gegeben: So ist Pinot Noir beispielsweise keine sehr flexible Sorte was den Standort betrifft und auch für die Massenweinerzeugung nur bedingt geeignet. Ihr Platz in der Spitzengruppe ist der Tatsache geschuldet, dass sich Pinot Noir als Spitzensorte für die Schaumweinerzeugung etabliert hat. So ist etwa die Champagne das grösste Pinot Noir Anbaugebiet der Welt – nicht das Burgund.

Tempranillo erfüllt die gleichen Kriterien wie seine französischen Pendants: Popularität, Flexibilität, sowie gleichzeitige Eignung für Spitzen- und Massenweine. Nur stammt er eben nicht aus Frankreich und schafft alleine über seine Ausbreitung in Spanien den Sprung in die Spitzengruppe.

Airen und Ugni Blanc (Trebbiano) sind wohl für viele die unbekanntesten bzw. überraschendsten Kandidaten in dieser Rangliste. Aus gutem Grund: Für die Erzeugung publikumswirksamer Weissweine sind beide nur bedingt geeignet, denn ihr Sortencharakter ist eher neutral. Nun haben neutrale Weissweine aber andernorts grosse Relevanz: In der Branntweinherstellung. Und so landen die meisten Airen-Weine in der Destille. Auch die Weine aus Ugni Blanc sind uns in gebrannter Form deutlich geläufiger – sie dienen als Grundlage für Cognac und Armagnac.

Die 11 bis 20 am meisten angebauten Rebsorten weltweit

 

 

Unter den nächsten zehn Rebsorten in der Anbauhierarchie wird es für viele Weingeniesser:innen schon deutlich obskurer und es finden sich einige Namen, die man nicht unbedingt regelmässig im eigenen Weinglas antrifft. Haben Sie bereits eine eigene Meinung zu all diesen Sorten? Dann dürfen Sie sich durchaus fortgeschrittenes Fachwissen attestieren. Falls nicht, haben Sie nun eine genussvolle ‘Bucket List’ vor sich.

Ergänzend sei hier gesagt, dass die 20 meistangebauten Sorten etwa 90% des globalen Weinkonsums repräsentieren. Stellen Sie dies in Relation zu den einleitend erwähnten 697 bzw. 1368 Varietäten, kommen Sie schnell zum richtigen Schluss, dass es sich bei einem Grossteil um regionale Spezialitäten von sehr geringer, internationaler Bedeutung handelt.

Aktuelle Trends – Gewinner und Verlierer

Am oben geschilderten Status Quo wird sich so schnell nichts ändern. Die Spitzensorten sind sehr gefestigt in ihrer Position und schaut man auf die aktuell grössten Gewinner in der Zunahme ihrer jeweiligen Rebfläche, so wird dies nur bestätigt. Nur drei dieser Sorten sind (noch) nicht in den Top 10 vertreten.

  1. Tempranillo
  2. Syrah
  3. Cabernet Sauvignon
  4. Merlot
  5. Chardonnay
  6. Sauvignon Blanc
  7. Pinot Noir
  8. Pinot Gris
  9. Cot (Malbec)
  10. Sangiovese

Auch wenn es derzeit nur schwer vorstellbar ist, dass Cabernet, Chardonnay & Co ihre Popularität einbüssen, so steht das Rad der Zeit nicht still. Konsumverhalten ist keine konstante Grösse und so gerät vielerorts der Massenweinbau durch den Trend zu ‘weniger, aber besser trinken’ schon heute unter Druck. Auch die Auswirkungen von Klimawandel und anderen globalen Ereignissen werden in der Zukunft nicht spurlos an der Rebsortenstatistik vorbeigehen.

 


Die spanische Tempranillo liegt voll im Trend: In den letzten zehn Jahren wurden weltweit über 140’000 Hektar neu bestockt. So auch diese junge Anlage in Elgin, Südafrika.

 

Die scheidenden Stars von gestern lassen sich anhand der aktuell am stärksten rückläufigen Sorten erkennen. Jeweilige Gründe für den Flächenabbau unterscheiden sich dabei stark: So überstieg die Anbaufläche von Airen beispielsweise über viele Jahre hinweg den Bedarf an spanischen Branntweinen, was zu einem dringend notwendigen – und für viele längst überfälligen – Rückgang führte, zumal sie auch kein grosses Potenzial für publikumswirksame Weine aufweist. Ähnliches gilt für die Sherry-Sorten Palomino und Pedro Ximénez, deren Ausbreitung unmittelbar an die aktuell sinkende Populärität von gespriteten Weinen gekoppelt ist. Carignan, sowie die beiden Grenache Sorten werden im Mittelmeerraum auch weiterhin erfolgreich in allen Qualitäten angebaut werden, haben in der Vergangenheit aber vor allem bei den Massenweinen ihre Nachfrage-Grenzen stark überschritten, weshalb wir die aktuelle Korrektur, quasi ein ‘Gesundschrumpfen’, beobachten. Andere Sorten wie Criolle Grande, Welschriesling und Bobal sind Relikte des Massenweinbaus von gestern und können in dieser Hinsicht mit aktuellen Trends schlichtweg nicht mehr mithalten.

  1. Airén
  2. Mazuelo
  3. Criolla Grande
  4. Grasevina
  5. Pedro Ximénez
  6. Garnacha Tinta
  7. Trebbiano
  8. Palomino
  9. Bobal
  10. Garnacha Blanca

 


Airén ist eine äusserst ertragsreiche Sorte: Sie liefert Grundweine für die Spirituosenindustrie. Innerhalb von zehn Jahren schrumpfte ihre weltweite Anbaufläche um nicht weniger als 35 Prozent.

Worauf achtet der Winzer bei der Rebsortenwahl?

Mit welcher Sorte ein neu angelegter Weinberg bestockt wird, will wohl überlegt sein. Die Rebe ist keine einjährige Agrarpflanze und benötigt zunächst eine lange Wachstumsphase, während der die Energie der Pflanze in das Ausbilden von Stamm und Wurzeln gelenkt wird. Mit ersten brauchbaren Erträgen kann man ab dem 4. Jahr rechnen. Ab dem 10. Jahr gilt die Rebe als ‘erwachsen’ und läutet ihre produktivste Phase ein. 20 Jahre sollte man für seinen neuen Weinberg mindestens einplanen, um den hohen Aufwand der ersten Jahre durch entsprechende Erträge zu rechtfertigen. Für Spitzenweine beginnt der Spass erst mit steigendem Alter, denn betagte Reben liefern zwar geringere Erträge, jedoch nimmt die Qualität der Trauben zu. Ab 40 Jahren spricht man von ‘Alten Reben’, was nicht selten auch als Qualitätshinweis auf dem Etikett vermerkt wird: ‘Vieilles Vignes’, ‘Vecchie Viti’ und ‘Old Wines’ sind hochangesehene Titulierungen in der Weinwelt. Ein gut gepflegter Rebstock kann auch nach 100 Jahren noch hervorragende Qualität liefern.

Es genügt also nicht, bei Neupflanzungen einfach aktuellen Trends zu folgen, denn diese sind mitunter vorüber, bevor die neuen Reben ihren ersten, vollen Ertrag liefern.

Hier einige der wichtigen Faktoren, welche der Winzer bei der Wahl der Rebsorte berücksichtigt:

  • Hoher und regelmässiger Ertrag (geringe Kosten)
  • Im lokalen Klima optimal ausreifend (weder Unter- noch Überreife)
  • Früh oder spät austreibend (Frostgefahr?)
  • Resistent gegen Fäulnis (feuchtes Klima?)
  • Resistent gegen Frost oder gegen Dürre
  • Kann die Rebe an den Boden angepasst werden? (Wärme, Drainage)
  • Ist der Wein einfach verkaufbar?
  • Entspricht die Sorte dem Stil des geplanten Weins?
  • Entspricht die Sorte den gesetzlichen Vorgaben? (AOP, DOP…)

Der Winzer entscheidet sich bei all diesen Überlegungen nicht nur für eine Sorte, sondern auch für einen bestimmten Klon und eine Unterlagsrebe. Denn diese üben ebenfalls Einfluss auf die Weinqualität aus. Reben werden nicht geschlechtlich vermehrt, sondern durch Klonen. 

Was versteht man in der Winzerei unter einem Klon?

In der Regel sind alle Rebstöcke in einem Weingarten genetisch identische Klone eines Mutterrebstockes. Da sich Reben über Jahrtausende durch Mutation langsam verändern, kann der Winzer davon profitieren. Er selektiert einfach Rebstöcke mit bestimmten positiven Eigenschaften und vermehrt diese durch Klonen.

Winzer bevorzugen oft aufwärts wachsende Reben, da sie weniger Arbeit erfordern, lockerbeerige Sorten, um das Risiko von Fäulnis zu minimieren, und kleinbeerige, dickschalige Trauben, die zwar weniger Ertrag liefern, dafür aber eine höhere Konzentration an Tannin und Farbe im Wein bieten.

Wie beeinflusst die Unterlagsrebe die Auswahl aus dutzenden Sorten?

Auch bei den Unterlagsreben (Wurzeln) hat der Winzer die Auswahl aus Dutzenden Sorten. Die Unterlagsrebe hat ja den grossen Vorteil, dass Sie resistent gegen die Reblaus ist. Das ist auch ihr Hauptzweck. Da aber sowieso jede Rebe auf eine reblausresistente Unterlage gepfropft werden muss, hat der Winzer noch andere Vorteile schätzen gelernt.

Unterlagsreben, die tief wurzeln, überstehen selbst harte Winter und trockene Sommer, während solche mit viel Wurzelwerk viele Nährstoffe und Mineralien aufnehmen können. Reben, die wenig Wasser aufnehmen, führen zu konzentrierteren Weinen, während solche, die viel Wasser und Nährstoffe aufnehmen, hohe Erträge liefern.

Obwohl Unterlagsreben beim Konsumenten kaum bekannt sind und selten klangvolle Namen tragen, spielen sie eine entscheidende Rolle im Weinbau – etwa als Schutz vor der Reblaus, weshalb beispielsweise ein Pinot Noir auf «fremden» Wurzeln steht. Eine Ausnahme bildet die poetisch benannte Wurzelrebe «Riparia Gloire de Montpellier».

 

Aufgepropfte Jungreben nach dem Ausschulen. Der kleine Edelreis wurde in Wachs getaucht, um die Pflanze vor dem Austrocknen zu schützen. Die Wurzeln aus amerikanischen Urreben sind resistent gegen Rebläuse.

«Die neue Parzelle, die ich dieses Jahr anpflanze wird bestimmt über 80 Jahre lang im Ertrag stehen. Weit über meine Zeit hinaus! Ich muss also sehr exakt überlegen, wie ich bestocke: Mit welcher Sorte, welchem Klon auf welcher Unterlagsrebe, in welchem Abstand»
Nicolas Sinoquet​​, Directeur des Weinguts Château Gruaud-Larose

Sind Piwi-Sorten die Zukunft im Weinbau?

Die alten Europäerreben (Pinot Noir, Cabernet Sauvignon, Syrah…) sind zwar beliebt und fein im Geschmack, aber leider äusserst anfällig auf diverse Pilzkrankheiten. Deshalb müssen sie regelmässig mit Pflanzenschutz gespritzt werden. Aus ökologischen (und durchaus auch aus wirtschaftlichen) Überlegungen, züchten Forschungsanstalten wie Geisenheim, Weinsberg oder Agroscope neue Rebsorten, die bis zu 80 Prozent weniger Behandlungen brauchen. Diese neuen Sorten sind weitgehend pilzwiderstandsfähig und in Fachkreisen daher unter dem Begriff «Piwi» bekannt.

Das Vorgehen der Züchter bei den Versuchen ist immer dasselbe: Einer bekannten alten Europäersorte soll durch Kreuzung die natürliche genetische Widerstandsfähigkeit einer amerikanischen Urrebe verliehen werden. Die Krux dabei: Die Neuzüchtung soll von der Europäerrebe möglichst die ganze Aromatik und den Charakter erhalten und vom Resistenzpartner nur gerade die Widerstandsfähigkeit (und auf keinen Fall die meist ungewohnte Aromatik).

Die 10 am weitesten verbreiteten Piwis in der Schweiz

  1. Cabernet Jura
  2. Johanniter
  3. Solaris
  4. Maréchal Foch
  5. Regent
  6. Seyval blanc
  7. Muscat bleu
  8. Divico
  9. Souvignier Gris
  10. Léon Millot


Valentin Blattner ist ein profilierter Schweizer Rebenzüchter und Pionier in Sachen Piwis. Seine Sorte VB 5-02 (Valentin Blattner 5-02) ist unter dem Namen Cabernet Jura sehr erfolgreich und bereits international verbreitet.

FAQ

Welche sind die populärsten Rebsorten in der Schweiz?

Unter den in der Schweiz konsumierten Weinen ist zunächst der globale Trend zu den 20 meistangebauten Rebsorten erkennbar. Viele Weintrinker:innen vertrauen auf den hohen Wiedererkennungswert und der zu erwartenden Qualität dieser Sorten in jeder Preisklasse. Dies gilt vor allem für importierte Weine: Der Weindurst der Schweizer ist sehr gross und kann nur zu gut einem Drittel durch einheimische Erzeugnisse gestillt werden.

Dadurch ist aber auch der Schweizer Weinbau stark vom internationalen Geschehen abgeschirmt. 99% aller Schweizer Weine werden hierzulande konsumiert, so dass globale Trends im Weinbau nur bedingt eine Rolle spielen und regional-typische Sorten wie z.B. Chasselas, Cornalin, Räuschling und viele mehr nicht nur erhalten geblieben sind, sondern mit internationalen Trendsorten wie Pinot Noir, Syrah und Chardonnay auch weiterhin ungestört koexistieren können.

Folgt der Schweizer Weinbau bei den Rebsorten internationalen Trends?

Die meistangebaute Sorte in der Schweiz ist der Pinot Noir. Dieser ist auch in den Top 10 der meistangebauten Rebsorten der Welt zu finden und man könnte daher zu dem Schluss kommen, globale Trends spielten auch hier eine grosse Rolle. Nun sei aber gesagt, dass sich Pinot Noir ideal für die klimatischen Bedingungen hierzulande eignet und daher vielerorts schon seit Jahrhunderten auf diese Sorte gesetzt wird. Man kann also eher von einer Traditions- als von einer Trendsorte sprechen. 

Von den weltweiten Top 10 Sorten ist nach dem Pinot Noir der Merlot am meisten vertreten, repräsentiert aber gerade einmal noch 6.5% der gesamten Schweizer Rebfläche.

Auch die beiden meistangebauten Weissweinreben, Chasselas und Riesling-Sylvaner (Müller-Thurgau), mögen von aussen betrachtet gar etwas eigenwillig wirken. In keinem anderen Weinbauland der Welt kommt Ihnen derart hohe Bedeutung zu. 

Was im Schweizer Rebsortenspiegel heraussticht, ist eher eine unglaubliche Vielfalt auf kleiner Fläche: Syrah liegt derzeit auf Platz 9 der meistangebauten Sorten und ist damit der letzte Vertreter mit einer Fläche von über 200 Hektar. In Summe repräsentieren alle weiteren Sorten dann aber immer noch rund 3’000 Hektar und damit knapp 20% des Schweizer Weinbaus. Diese ‘seltenen Schätze’ sind oftmals echte Unikate der Weinwelt. Um nur einige Namen zu nennen: Humagne Rouge, Humagne Blanc, Bondola, Mondeuse, Diolinoir, Solaris, Amigne, Heida, Petite Arvine, Completer, Reichensteiner, Gamaret, Räuschling, Cornalin, Completer…

Man kann sich glücklich schätzen, in einem derart individuellen Weinland zu leben.

Warum werden Rebsorten miteinander gekreuzt?

Weltweit werden derzeit gut 700 Rebsorten aktiv angebaut und damit kommerziell genutzt. Viele von ihnen sind durch Kreuzung, also das meist von Menschenhand herbeigeführte, gegenseitige Bestäuben unterschiedlicher Sorten entstanden. Durch diesen Vorgang können immer neue, für den kommerziellen Anbau geeignete Sorten geschaffen und die Weinwelt somit bereichert werden. 

Rebzucht- und Forschungsanstalten verfolgen mit ihren Kreuzungsversuchen meist bestimmte Ziele, z.B. die Ertragsstärke einer Sorte mit der populären Aromatik einer anderen Sorte zu kombinieren. Auch Aspekte wie Verbesserung von Krankheitsresistenz oder die Eignung für den Anbau in einer bestimmten Klimazone können beim Kreuzen eine grosse Rolle spielen.

Eine exakte Wissenschaft ist dies nicht, denn man kann kaum vorhersagen, ob bzw. welche Eigenschaften der Elternsorten sich dann auch tatsächlich auf die Neuzüchtung übertragen. Viele Versuche und Testpflanzungen sind notwendig und die meisten dieser Bemühungen verlassen nie das Versuchsstadium. Dennoch lohnt sich der Aufwand und viele Sorten, die wir heute als selbstverständlich ansehen, sind auf diesem mühsamen Weg entstanden.

Warum ist Cabernet Sauvignon die am meisten angebaute Rebsorte der Welt?

Die Popularität von Cabernet Sauvignon und seine damit verbundene, globale Ausbreitung hat gleich mehrere Gründe. Grundsätzlich ist die Sorte sehr robust und kann damit an sehr vielen Standorten gedeihen. Sie benötigt lediglich ein warmes Klima, um dann verhältnismässig ungestört zu voller Reife und regelmässigen Erträgen zu kommen. In gemässigten Breitengraden verursacht Cabernet Sauvignon etwas mehr Arbeit und Kopfzerbrechen, kann dort aber aufgrund einer langsameren Ausreifung und bei entsprechender Pflege hervorragende Ergebnisse abliefern.
Egal wo er wächst, Cabernet Sauvignon bringt populäre Weine hervor. Er zeichnet sich stets durch eine Kombination von intensiven schwarzbeerigen und kräuterwürzigen Aromen aus. Darüber hinaus hat er eine robuste Tanninstruktur und verträgt sich sehr gut mit würzigen Holzaromen. Diese beliebten Eigenschaften kann er selbst in preiswerten Weinen reflektieren.

Viele der weltbekanntesten Weine – allen voran die Grossen Gewächse aus Graves und Médoc – basieren auf Cabernet Sauvignon, was ihm einen hervorragenden Ruf als Qualitätssorte eingebracht hat. Selbst wenn diese Weine nur für einen sehr kleinen Teil seiner riesigen Anbauflächen stehen.

Am Ende sind es günstige Massenweine aus warmen Regionen – die meistgetrunkenen Weine der Welt – welche dem Cabernet Sauvignon seinen Platz an der Spitze des Tableaus bescheren. In dieser Kategorie kommen all seine Stärken zum tragen: Unkompliziert im Anbau, ansprechender Sortencharakter selbst bei hohen Erträgen, stilistische Vielfalt, durch und durch positives Image.

Welche aktuellen Trends beeinflussen die Auswahl der Rebsorte im Weinbau am meisten?

Der Klimawandel ist aktuell in aller Munde und macht auch vor dem Weinbau nicht halt. Ob man in diesem Zusammenhang nun von einem Trend sprechen kann, sei hier dahingestellt. Aber die Auswirkungen auf den Weinbau spielen dennoch eine grosse Rolle bei der Sortenwahl. So sind beispielsweise kühle Regionen vermehrt mit milden Wintern, sehr frühem Austrieb der Reben und gleichzeitig hoher Frostgefahr bis in den Mai hinein konfrontiert. Immer häufiger kommt es dadurch zu starken Frostschäden an den jungen Trieben und man wird vermehrt auf spät austreibende Sorten setzen müssen, die dann trotzdem mit einer eher kurzen Vegetationsphase zurechtkommen. In wärmeren Regionen muss hingegen künftig mit deutlich mehr Konsequenz auf hitzebeständige Reben mit geringem Wasserbedarf gesetzt werden. 

Prekär werden diese Entwicklungen für traditionelle Qualitätsweingebiete ausfallen, wo sich der Weinbau und die damit verbundene Gesetzgebung auf gebietstypische Sorten beschränken, welche in Zukunft womöglich nicht mehr für ihre althergebrachten Standorte geeignet sein könnten.

Dieses zwangsläufige Umdenken könnte viele eingesessene Kombinationen aus Region und Rebsorte tüchtig aufwirbeln und damit Raum für gänzlich neue Entwicklungen schaffen. Viele sehen hier beispielsweise die Chance für pilzwiderstandsfähige Neuzüchtungen, welche womöglich nicht nur für gewisse Standorte besser geeignet sein können, sondern aufgrund ihres reduzierten Chemiebedarfs im Weinberg auch dem aktuellen, ökologischen Zeitgeist entgegenkommen. Nicht umsonst werden sie daher schon heute als ‘Zukunftssorten’ tituliert.

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